Raubschnecken im Aquarium – alles Wissenswerte

Raubschnecken im Aquarium

Beim Thema Schnecken scheiden sich die Geister regelmäßig. Was der eine schick und schön findet oder sogar praktisch (gegen Algen) oder notwendig (als Lebendfutter für Welse oder Schmerlen), empfinden andere als eine Plage, gegen die man vorgehen muss. Was du bei einer Schneckenplage im Aquarium tun kannst, habe ich dir schon in einem separaten Artikel aufgezählt. Das ein oder andere Thema kommt hier wohl am Rande dennoch zur Sprache.

Die Raubschnecke – Anentome helena (Familie Buccinidae)

In Insiderkreisen nennt man die Raubschnecke auch Raub-Turmdeckelschnecke, obwohl sie mit den Turmdeckelschnecken (Thiaridae) gar nicht verwandt ist. Sie wurde früher auch Clea Helena genannt, sodass du über beide Namen stolpern könntest. Die Schnecke stammt aus Asien (Thailand/Malaysia), wo sie in dicht bewachsenen, trägen Gewässern (Süßwasser) lebt und ungefähr 20-28°C gewöhnt ist. Sie liebt es gerne sandig oder schlammig, weil sie sich darin eingräbt und auf Beute lauert.

Ja, du hast richtig gehört. Sie ist ein Kannibale und Fleischfresser und wartet gerne eingebuddelt im Bodengrund, bis ein argloser Artgenosse oder etwas anderes Essbares vorbeikommt. Dann greift sie schnell mit ihrem Fuß zu und hält die Beute fest. Sie hat ein spezielles Organ, mit dem sie auf das Opfer einstechen kann wie Jack the Ripper mit dem Messer. Dabei wird dem Opfer Speichel injiziert, der die Körperzellen angreift und auflöst. Dadurch kann die Raubschnecke ihre Beute auch schneller fressen. Mit diesem sauren Speichel schafft sie es nicht nur, ihre Mahlzeiten aufzulösen, sondern auch die Deckel oder Schalen von Schnecken und Garnelen zu zersetzen. Die Maulöffnung der Schnecke (an der Spitze des Rüssels) sieht man nur beim Fressen, dann werden die auch stark gezackten Zähne sichtbar, mit denen sie die Beute regelrecht zerfetzen.

Aussehen

Die Schnecke erinnert von der Farbe her an eine Biene, denn sie ist Gelb-Schwarz oder auch Gelb-Braun gestreift. Auch Beigetöne kommen aber vor. Das Gehäuse verläuft turmförmig und ist am ende spitz. Den Rüssel, mit dem sie ihre Beute erlegt, habe ich dir oben schon beschrieben. Sie wird ungefähr 2 cm groß, kann aber auch ein wenig kleiner oder ein wenig größer ausfallen. Die Größe hängt auch oft vom Platzangebot im Becken ab, genau wie bei den Fischen. Aber ein Riese wird sie nicht.

Erst relativ neu im Angebot

Die ersten Exemplare kamen erst 2002 aus Versehen nach Deutschland, weil sie sich in den Pflanzenwurzeln von Wasserkelchen/Wassertrompeten (Cryptocorynen) versteckt hatten. Weil sie aber ziemlich schnell ziemlich beliebt wurden, werden sie seit ungefähr 2008 praktisch regelmäßig im Zoohandel verkauft.

Alternative Ernährung

Sollten einmal keine geeigneten Schnecken greifbar sein, ist die Raubschnecke nicht wählerisch. Sie frisst dir auch deine jungen unvorsichtigen Fischbabies. Dabei ist sie selbst auch nicht gerade die Größte mit ihren knapp 2 cm Länge und knapp 1 cm Breite. Hältst du zusammen mit der Raubschnecke Garnelen, dann sind diese – wenn sie klein genug sind – auch eine willkommene Abwechslung auf dem Schnecken-Speiseplan. Große und flinke Garnelen wird die Raubschnecke aber normalerweise nicht erwischen.

Falls du deiner Raubschnecke auch diesen Gefallen nicht tust, dann stürzt sie sich auch auf Futtertabletten. Mit ihrem länglichen Ortungsorgan können sie schnell feststellen, wo du die Tabletten hast reinfallen lassen und dann flitzt sie ziemlich flott auf die Tablette zu. Wenn sie ordentlich Hunger hat, bleibt für die Fische auch von der Tablette nichts übrig! Die Raubschnecke frisst auch Planarien (Platt- und Strudelwürmer). Der Begriff wird leider inflationär verwendet. Die echten Planarien (Paludicola) sind die Plattwürmer (mit einem dreieckigen Kopf), die du auf keinen Fall in deinem Becken haben willst, denn sie sind ebenfalls gefräßig und räuberisch und gehen dir auch an deine Garnelen und Schnecken. Der Befall kommt meist von eingeschleppten Eiern, die an Pflanzen oder gekauften Schnecken haften.

Raubschnecken gegen Algen einsetzen

Bekannt und mehr oder weniger beliebt sind bei den Aquarianern die Blasenschnecken oder auch die Apfe lschnecken. Es ist ganz praktisch, wenn du bei einem starken Algenbefall Schnecken im Becken hast, die dir mit Freude das Grünzeug von der Scheibe nagen! Bei der Raubschnecke würde ich darauf allerdings nicht wetten, denn diese frisst keine Pflanzen und wird deine Algen komplett ignorieren. Raubschnecken gegen Algen einzusetzen, kannst du dir also schon mal abschminken.

Schneckenplage im Aquarium? Die Raubschnecke dein Freund und Helfer

Bevor du zu irgendwelchen Mittelchen greifst, kanns du eine Handvoll Raubschnecken gegen ihre lästigen Artgenossen einsetzen. Sie übernehmen den Job gerne. Allerdings reicht die eine einzige Schnecke nicht aus. Je nachdem, wie groß der Befall ist, solltest du schon eine ganze Gruppe mit ausreichend Räubern einsetzen. Besonders Blasen- und Posthornschnecken, die sich in Windeseile im Aquarium breit machen, kannst du schnell und effektiv mit den Raubschnecken dezimieren.

Welche Schneckenarten kombinieren?

Welche Arten sich mit der Raubschnecke vertragen und welche nicht, wird auch immer wieder in Foren diskutiert oder von Aquarianern experimentell probiert. Die Ergebnisse sind oft unterschiedlich, denn das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wenn du beispielsweise Raubschnecke und Rennschnecke (auch ein schickes Ding) zusammensetzt, frisst sie diese dann, oder nicht? Während die einen darauf schwören, dass die Raubschnecken nur die kleinen Kollegen fressen und sich nicht an größere oder schnellere Exemplare trauen, oder manche der Meinung sind, dass die Raubschnecke nie an Turmdeckelschnecken geht, weil sie nicht reinkommt, kann ich dir Folgendes sagen: wenn die Schnecke Hunger hat, frisst sie alles. Ist das Opfer zu groß, macht sie sich einfach zu zweit oder in der Gruppe an die Beute ran. Und auch Schnecken mit Deckel müssen irgendwann mal den Kopf rausstrecken … Und wenn nicht, ist das kein Problem, denn der Deckel wird einfach aufgelöst.

Klar ist es einfacher, wenn sie sich eine winzige Schnecke leicht angeln und mampfen kann und nicht erst lange warten muss, bis ihr jemand hilft, eine dreimal so große Apfelschnecke zu knacken … Aber als Fleischfresser macht sie sich an alles ran!

Aber die eigene Art ist sicher, oder?

Nein! Leider nicht. Zwar behaupten viele, dass sie ihre eigene Art in Ruhe lässt, aber darauf würde ich mich nicht verlassen. Denn meine Raubschnecken haben auch problemlos ihre Kumpels gefressen – egal, ob lebende, tote oder altersschwache. Wenn du dir also sicher sein willst, dass nichts passiert, dann setze sie lieber gar nicht erst mit anderen zusammen und wenn doch, dann füttere sie so gut mit kleinen Plagegeistern, dass sie deine großen Exemplare in Ruhe lässt! Garantien gibt es im Tierreich aber nie.

Raubschnecke Haltung

Die Raubschnecke mag sich natürlich am liebsten eingraben, um auf ihre Beute zu warten. Du musst ihr im Becken also auf jeden Fall genügend Versteckmöglichkeiten sowie geeigneten Sand und Kies bieten. Denn asiatischen Schlamm, den sie gewöhnt ist, würde ich mal lieber nicht ins Becken werfen. Dazu noch schön dicht bepflanzen. Deinen Pflanzen passiert ja nichts, denn sie ist kein Vegetarier. Natürlich muss die Schnecke mit ihren Umgebungsbedingungen auch zum Fischbesatz passen. Am besten suchst du dazu auch ein paar asiatische Fische aus, die dieselbe Bepflanzung, Temperatur und Wasserhärte benötigen. Bezüglich des Futters hast du ja im oberen Abschnitt schon gesehen, dass sie praktisch alles fressen. Am liebsten andere Schnecken, aber auch Futtertabletten, Würmer oder Mückenlarven.

Raubschnecke Fortpflanzung

Diese Schnecke vermehrt sich eher träge, du brauchst also nicht zu befürchten, dass sie alle deine Blasenschnecken brav wegfuttert und sich dann selbst breit macht. Der kleine Räuber ist getrenntgeschlechtlich, es gibt also Männchen und Weibchen. Die weibliche Raubschnecke legt Eier, die sie in einer kleinen Hülle an Pflanzen oder auch an die Scheiben kleben. Diese Hülle enthält die notwendigen Nährsubstrate, die die Schneckenbabies brauchen. Da die Hülle durchsichtig ist, kannst du diejenigen, die sich an der Scheibe befinden, ziemlich gut beobachten. Wie schnell die Jungtiere schlüpfen, hängt von der Wassertemperatur ab.

Hier haben die Aquarianer unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Bei ungefähr 23°C – 25°C brauchen die Schnecken rund 4 Wochen bis sie schlüpfen. Sie sind dann nur maximal 2 mm groß und fressen zunächst kleinste Organismen oder Material, das sie im Bodengrund finden – oder im Aas. Die Lebenserwartung der Raubschnecke beträgt immerhin in Gefangenschaft ein paar Jahre. Du hast also recht lange deine Freude an ihr.

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